Joana Vasconcelos – Kunst zwischen Tradition und Gegenwart
- ml
- 4. Okt.
- 3 Min. Lesezeit

1971 geboren, gehört Joana Vasconcelos heute zu den bekanntesten portugiesischen Künstlerinnen. Seit fast 30 Jahren prägt sie die zeitgenössische Kunst mit monumentalen Skulpturen und immersiven Installationen. Ihr Markenzeichen: Alltagsgegenstände in neue Kontexte zu setzen und das traditionelle Kunsthandwerk ins 21. Jahrhundert zu übertragen. Dabei begegnet sie Themen wie der Rolle der Frau, Konsumgesellschaft und kollektiver Identität mit Humor und Ironie.

Der internationale Durchbruch gelang ihr 2005 auf der ersten ausschließlich von Frauen kuratierten Biennale von Venedig. Seitdem ist sie mehrfach dorthin zurückgekehrt. Als jüngste Künstlerin und erste Frau stellte sie 2012 im Schloss Versailles aus – eine Ausstellung, die Rekorde brach. 2018 folgte ihre große Einzelausstellung im Guggenheim Bilbao, und 2023 präsentierte sie ihre Werke in den Uffizien und im Palazzo Pitti in Florenz, Seite an Seite mit Klassikern wie Leonardo da Vinci oder Michelangelo.

Ihre Arbeiten waren bereits in führenden Museen und Sammlungen weltweit zu sehen. Gleichzeitig leitet sie seit 2006 ihr Atelier in Lissabon mit mehr als 50 Mitarbeitern. 2012 gründete sie die Joana Vasconcelos Fundation, die Stipendien vergibt, soziale Projekte unterstützt und Kunst für alle zugänglich machen möchte.
Doch Vasconcelos ist mehr als eine gefeierte Künstlerin. Sie versteht sich als postmoderne Beobachterin der Gesellschaft, die mit Ironie und Klarheit festgefahrene Muster aufbricht. Sie hinterfragt Vorurteile, Stereotype und Tabus – besonders in Bezug auf die Rolle der Frau in einer immer noch männlich geprägten Welt. Obwohl sie sich selbst nicht als Aktivistin bezeichnet, bekennt sie sich offen zum Feminismus und setzt ihre Kunst für die Stärkung von Frauenrechten ein.

Ein wiederkehrendes Element in ihrem Werk sind traditionelle weibliche Tätigkeiten wie Stricken, Häkeln oder Klöppeln. Tätigkeiten, die lange als nebensächlich oder „minderwertig“ galten, erhebt sie zu eindrucksvollen Kunstwerken und gibt ihnen neue Bedeutung.
Für Joana Vasconcelos soll Kunst vor allem Freude bereiten und nicht zu stark rationalisiert werden. Sie wünscht sich, dass Menschen ihre eigene Verbindung zu den Werken finden. Ihr größtes Glück? Wenn Besucher ihre Ausstellung mit einem Lächeln verlassen – im besten Fall nach einem echten „Wow-Moment“.

Die Ausstellung im Museo Comunale von Ascona beginnt mit «Wash and Go». Indem der Besucher zwischen den rotierenden Elementen durchgeht, wird er wie in einer Autowaschanlage sozusagen symbolisch gereinigt von Vorurteilen und dazu aufgefordert, sich der Diskussion zu stellen, noch bevor er die Ausstellung betritt.

Im Treppenhaus erwartet einen die zehn Meter grosse Installation «La Baronessa». Sie wurde eigens für das Museum konzipiert, inspiriert von den Walküren, den göttlichen Jungfrauen in den Diensten von Odino aus der nordischen Mythologie. Das Werk zelebriert auch die mutige und visionäre weibliche Figur Marianne von Werefkin, welche massgebend für die Institution des Museums war.

Über drei Stockwerke des Museums geht es weiter mit der Farbenexplosion. Scharf, provokativ und übertrieben. Vasconcelos liebt den Barock ohne Vorbehalte –sie vereint Drama, Emotionen und Ornamente, Überschwang und Theatralik. Viele würden Ihre Kunst als Kitsch etikettieren, doch im Widerspruch dazu stehen die Werke selbst, die keiner absoluten Geschmacks-Einstufung bedürfen. Man wird involviert, desorientiert, erschüttert und eingeladen, in Dialog zu treten und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Wegen des grossen Anklangs der Ausstellung ist diese bis zum 23. November 2025 verlängert worden.

Text und Bilder: Bea Bernasconi
Information:
Flowers of my desire
Verlängert bis zum 23. November 2025
Di-Sa 10.00-12.00, 14.00-17.00
Sonntag und Feiertage 10.30-12.30
Montag geschlossen




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