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Ursula Suter: Bilder und Objekte

Aktualisiert: 22. Juni 2022


Lamellen rot (Ausschnitt)

Die feinfühligen Arbeiten Ursula Suters wirkten in der Galerie Art Textil so, als wären sie schon immer in diesen Räumen gewesen oder vielleicht gar an diesem Ort entstanden. Das alte Engadinerhaus in Sent, in dem die Textilkünstlerin Beatrice Lanter zwei- bis dreimal im Jahr eine Textilkunst-Ausstellung organisiert, bildete vom 4. bis zum 19. Juni 2022 den perfekten Rahmen zur Ausstellung von Ursula Suter.

Es war eine überwältigende Retrospektive über ein berührendes Werk. Wer sich die Zeit nahm, sich einzulassen, erspürte kraftvolle Rhythmen, nahm kaum sichtbare Linien wahr und erkannte zarte Spiele von Licht und Schatten. Wolle ist ein uraltes Material, das, in Gegenwartskunst übersetzt, auch die Seele des heutigen Betrachters wärmt.


Luft (Detail)

Gleich im Eingang der Galerie hing das neueste Werk «Luft». Es besteht aus zwei Lagen, die sich in überraschender Weise verflechten. Zarteste Merinofilzstreifen wechseln von unten nach oben und tauchen wieder ab. In den Kammern, die sie einschliessen, sammeln sich Luft und Licht. Dem Blick in die von transparentem Seidenchiffon überfilzten Lagen eröffnet sich ein Spiel von raffinierten Licht- und Materialspiegelungen, die auch die Umgebung mit einbeziehen.









Nicht für die Ewigkeit

«Nicht für die Ewigkeit» nimmt Bezug auf das verwendete Material. Die Einwegputzlappen erhalten durch die künstlerische Verarbeitung eine neue Wertung. Die am oberen Bildrand regelmässigen Licht- und Schattenstrukturen werden gegen unten immer unregelmässiger. Die Ordnung löst sich auf. Je nach Standort des Betrachters und den Lichtverhältnissen wechseln helle und dunkle Stellen ihren Platz. So entsteht eine ganz eigene Lebendigkeit.










Geflochten

Ursula Suter ist nicht nur Filzerin, sondern auch Malerin. In ihrer Arbeit befruchten sich die beiden Disziplinen gegenseitig, und in vielen Filzbildern ist das malerische Denken spürbar. Oft gehen der Filzarbeit gemalte Studien voraus. So auch in den Werken «Geflochten» und «Kreis geflochten», die ganz von der Farbe her gedacht sind. Der Input war ein Sack voll mit pflanzengefärbter Wolle, die Ursula geschenkt bekam. Die Künstlerin wählte jeweils zwei gegensätzliche Farbenpaare, die sie miteinander verflocht und verfilzte, bis sich die Farben verwischten. Obwohl diese sich gegenseitig beeinflussen, bleiben sie doch eigenständig. Das lebhafte, aber gedämpfte Farbenspiel erinnert an einen Herbstwald, in den letzte warme Sonnenflecken fallen. Ursula Suter sagt dazu, sie denke immer, diese Werke nähmen den Betrachter in den Arm und schenkten Geborgenheit und Wärme.



Spuren der Zeit (Ausschnitt)

Auch die «Spuren der Zeit» sind eine Reminiszenz an die Malerei. Wassily Kandinsky teilt den Grundfarben gewisse Grundformen zu: Zu Blau gehört der Kreis, zu Rot das Quadrat und zu Gelb das Dreieck. Ursula Suter griff die Theorie auf und filzte Farbstudien zu jeder Kombination. Die nach dem Filzvorgang aufgebrachte gestickte Wellenstrukturen erinnern daran, dass alle Kulturen irgend-wann von Wind und Wasser verwischt werden, verwittern und vergehen.


Ausblick 1

Ursula Suter arbeitet gern in Serie. Für die kleinen Bilder, die sie unter den Titeln «Landschaft» bzw. «Ausblicke» zeigte, arrangierte sie die Farbflächen zuerst einmal rein intuitiv. Phasenweise arbeitete sie weiter: Wo fehlt etwas? Was braucht es noch? Stickereien zaubern kleine Lichtpunkte auf das Bild oder führen als feine Wege über die Komposition. So entstanden kleine Landschaften, die den Betrachter aufnehmen und in eine stille Welt entführen.


Wasser gehört allen

Als die Künstlerin vor ein paar Jahren las, dass Grosskonzerne damit begannen, Quellen aufzukaufen, beschäftigte sie dies sehr. Wasser gehört doch allen Menschen! Sie sammelte Zeitungssauschnitte und bearbeitete diese, zeichnete und malte Blicke auf das Wasser. Das grosse gefilzte Bild strahlt nun eine wunderbare und kostbare Ruhe aus, nimmt den Blick gefangen und zieht ihn in die Tiefe. Lichtreflexionen spielen mit azurblauen Stellen. Von Anfang an war sich die Künstlerin bewusst, dass sie hier ein wichtiges, gültiges Werk schuf.


kleine Objekte/aus dem Meer

Eine Reihe kleiner, weisser Objekte lagen in der Ausstellung wie gestrandet auf einem Brett. Sie sind nah an der Natur gestaltet, so wie sich Ursula oft gern am vielfältigen Wachsen in ihrer Umwelt orientiert. Die einen Skulpturen entstanden in Griechenland und erinnern an Korallen. Die andern wirken knochiger und wuchsen aus einer Falttechnik heraus. Jedes der Objekte ist eine kleine Kostbarkeit zwischen Licht und Schatten.










Kreis/Mond

Die sensible Kunst von Ursula Suter überzeugt in ihrer reduzierten Gestaltung und berührt ebenso mit bewegten Rhythmen wie mit einer meditativen Stille, der sich der Betrachter nicht entziehen kann.















Galerie textil art

stron 277

CH-7554 Sent



Text: Christine Läubli

Fotos: Ursula Suter, Christine Läubli

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