Luxese – 2. Staffel (Teil 1)
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Nachdem der Fokus der 1. Staffel der Ausstellung «Luxese – Textilkunst zwischen Luxus und Askese» eher auf der Vergangenheit lag, fragt die 2. Staffel nach der gesellschaftlichen Relevanz in der Gegenwart und blickt in die Zukunft.

Im Besucherzentrum empfangen uns zwei junge Modedesignerinnen. Emma Bruschi ist an alten Handwerkskünsten interessiert, besonders aber an der Strohverarbeitung. Sie baut in Hochsavoyen, auf dem Land ihrer Grosseltern, selber Roggen an, den sie nach alter Überlieferung zu zeitgenössischen Accessoires verarbeitet. Die Exponate faszinieren durch Transparenz, Licht und Schatten.

Karola Keusch präsentiert fünf Masken, seltsame Gestalten aus Stoff und Silikon. Was geschieht, wenn man sie aufsetzt? Sowohl Stoff als unsere zweite Haut als auch Silikon als Grundmaterial für die Schönheitsindustrie verweisen auf die Möglichkeit, sich durch äussere und innere Eingriffe ein anderes Gesicht und Aussehen zu geben. Wie beeinflusst dies unsere Identität?

Im Äbtekeller ist wiederum eine Kasel (ärmelloses Messgewand) aus der Textilwerkstatt des Klosters Eschenbach zu Gast – diese beruht auf dem Entwurf von Sr. M. Ruth Nussbaumer. Ihr Titel ist «Licht». Die sakralen Textilien aus Eschenbach tragen Luxus und Askese in sich: Luxus im Material und Technik, Askese in Schnitt und Gestaltung.

Im Gang der Singisenräume im 1. Stock fällt der Blick zuerst auf ein grosses Filzbild von Ursula Suter. Die Wasseroberfläche aus Blau, Grau, Weiss strahlt eine meditative Stimmung aus, die gefangen nimmt. Dahinter steht ein politisches Anliegen Ursula Suters: Sie möchte darauf aufmerksam machen, dass Wasser allen gehört und nicht von einzelnen Konzernen privatisiert werden darf.

Eveline Cantieni zeigt die Schönheit zweier zerschlissener Socken. Die Künstlerin hat sie auf den Hellraumprojektor gelegt und minuziös Masche für Masche nachgezeichnet – eine Riesenarbeit. Die Übergänge zwischen den abgewetzten und den noch intakten Stellen bringen überraschende Kontraste ins Bild. Wie wertschätzend gehen wir mit unseren Textilien um?

Hoch über einer Rettungsdecke schwebt die Personalisierung der Luxese, der Luxket von Marianne Keel. Er ist aus einem alten, sperrigen Stoff geschaffen, der nur durch einen Faden zusammengehalten wird. Wenn der Luxket fällt, fängt ihn die luxuriöse, goldene Rettungsdecke auf – Askese ohne Rettungsdecke ist nicht denkbar…

Barbara Wälchli Keller zeigt acht bestickte Fotografien. Darauf sind Steine zwischen Felsbrocken eingeklemmt, die Künstlerin hat mit wenigen feinen Stichen ins Bild eingegriffen. Sie betont, dass Askese der Selbstschulung und spirituellen Auseinandersetzung bedarf und sieht den roten Faden, der sie durch Leben leitet, in der Eigenverantwortung gegenüber der Natur.

Ein altes Portemonnaie hängt hoch in der Luft, auf vielen gestrickten Schichten, die sich transparent übereinanderlegen. Welche Geschichten könnte die alte Geldtasche erzählen, wie viele Ein- und Ausgaben haben sich in seinem Leben aufeinandergeschichtet? Ein leeres Portemonnaie heisst, jemand ist ohne Geld – freiwillig oder unfreiwillig? Wie frei macht der Verzicht?
Die acht weiteren Werke der Ausstellung werden im nächsten Blog vorgestellt.
Text und Fotos: Christine Läubli
Infos:
Luxese - Textilkunst zwischen Luxus und Askese
bis 2. November 2025
Markstrasse 4
5630 Muri
Öffnungszeiten: Di – So 11 bis 16 Uhr, ab 1. April bis 17 Uhr
Die Ausstellung wird durch ein Rahmenprogramm begleitet: https://www.murikultur.ch/singisenforum
Änderung: Das Künstlerinnengespräch am 28. September moderiert Dr. phil. Kathrin Luchsinger.
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