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Alltagsspuren – Judith Mundwiler

Täglich entsorgen wir unzählige Papierstücke. Judith Mundwiler wirft sie nicht weg, sondern verwandelt gebrauchte Teebeutel, Parkingtickets, Schleifpapier, Verpackungsmaterialien und vieles mehr in Kunst. Zurzeit sind ihre Werke in Rapperswil und Winterthur zu sehen.

PINK

Judith Mundwilers Arbeiten wirken leicht und haben trotzdem die Kraft, in den nicht einfachen Räumlichkeiten der Galerie Textilaltro in Rapperswil zu bestehen. Im Treppenhaus empfangen uns zwanzig Organzabänder. In zartfarbene, selber bedruckte Transparentstoffe hat die Künstlerin Pflanzen eingelegt und überstickt – eine farbenfrohe Begrüssung!

Spuren der Zeit

Das Werk «tagtäglich» besteht aus vier Bahnen, jede zusammengesetzt aus täglich anfallenden Papieren. Jedes Teilstück erzählt eine persönliche Geschichte aus dem Alltag der Künstlerin. Das rote Netz, mit dem die Collage überstickt ist, fängt die Erinnerungen wie ein Fischernetz ein und bewahrt sie auf.

tagtäglich (Detail)

Seiten aus dem Auftragsbuch einer Schreinerei und einem alten Kreuzstichheft wurden mit anderen Abfallpapieren arrangiert und mit neuen Mustern überstickt – Judith Mundwiler nimmt die alten Spuren auf und interpretiert sie neu. Die vier Arbeiten «19 – 22» berühren durch eine zarte Kraft und das Geheimnis der Vergangenheit.

20 und 21 aus der Serie 19-23

«Lockdown» besteht ausschliesslich aus weiss bemalten, gebrauchten Teebeuteln, die so zusammengesetzt wurden, dass einzelne Teile der Beutel eine regelmässige Schattenwirkung erzielen. Die drei Arbeiten erinnern in ihrer reduzierten Gestaltung an japanische Kunst und haben eine stille Ausstrahlung.

Lockdown (Detail)

Die vier Bilder «Connections» sind Collagen aus Architekturskizzen und anderen Papieren, die mit Seidengarnen überstickt wurden. Jedes erzählt eine kleine, phantasievolle Geschichte.

Connections (Detail)

Während eines halben Jahres liess Judith Mundwiler von der Stadt Rheinfelden tausend gebrauchte Parkingtickets sammeln. Jedes Ticket trägt seine individuelle DNA in sich. Wessen Finger- und Lippenspuren sind hier wohl gespeichert? Woher und wohin fuhr der Autofahrer, durch dessen Hände es glitt? Zusammengesetzt, bemalt und mit einer glänzenden Folie hinterlegt, ergeben die Parktickets grossformatige Bilder, die ihrerseits zu einer Installation gehängt und mit einer Lichtprojektion ergänzt werden könnten. Am meisten überzeugten hier die monochromen Arbeiten.

MAY 2020

Gebrauchte Sandpapiere enthalten das Echo des bearbeiteten Holzes. Benutzte man sie für die Behandlung bemalter Bretter oder Möbelstücke, finden sich auf dem Schleifpapier Spuren der Farbe. Damit lassen sich wunderbare Bilder komponieren.

Der letzte Schliff

Die Ausstellung «Alltagsspuren» ist sehr schön gestaltet. Judith Mundwilers Arbeiten machen das Kostbare des Alltagsmaterials Papier sichtbar. Sie überzeugen und berühren vor allem dann, wenn die Künstlerin zu einer reduzierten Gestaltung findet und nur die Poesie des Materials sprechen lässt.

sechs Minuten (Blick hinter das Bild)

Text und Fotos: Christine Läubli Alltagsspuren bis 10. Juni 2022 in der Galerie Textilaltro in der Ostschweizer Fachhochschule Gebäude 5, 1. Stock, 8640 Rapperswil Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8.30 bis 17.30 Uhr, Feiertage geschlossen www.ost.ch/textilaltro

Spurensuche – neue Arbeiten bis 29. Mai 2022, Raum für Kunst und Kultur in der Giesserei, Ida-Sträuli-Strasse 73d, 8404 Winterthur Öffnungszeiten: Samstag / Sonntag 15 – 18 Uhr oder nach Vereinbarung. Die Künstlerin ist an allen Tagen ausser dem 21. Mai anwesend. www.kuk-art.ch www.judithmundwiler.ch

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