Monika Fioreschys Bilder entstehen am Hochwebstuhl. Seit rund 50 Jahren legt sie Schuss auf Schuss, immer auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Der opulente Porträtband «Fields of Flow» aus dem Hirmerverlag führt durch das Schaffen der österreichischen Künstlerin.
Monika Fioreschy wurde 1947 im Südtirol geboren, wo sie auch aufwuchs. 1965 ging sie nach Wien an die Universität für Angewandte Kunst und studierte Malerei, hauptsächlich aber die klassische Gobelinweberei. 1971 schloss sie preisgekrönt mit einer Diplomarbeit ab und heiratete den Herzchirurgen Felix Unger. Nach der Geburt der Söhne erlaubte ihr das Webhandwerk, inmitten der Familie künstlerisch tätig zu sein, ohne täglich spontan kreativ sein zu müssen. Zunächst gestaltete die Künstlerin Bildteppiche mit organischen Formen in leuchtenden Farben. Von Anfang an suchte sie, aus der strengen Tradition und Konvention auszubrechen und zu einer eigenen Ausdrucksweise zu gelangen.
Als sie 1992 ihrem Mann bei einer Herzoperation zuschauen durfte, beeindruckten sie die Silikonschläuche, mit denen der Patient an der Herz-Lungenmaschine angeschlossen war. Die Schläuche führten in den Körper hinein und heraus, das fliessende, lebenserhaltende Rot schien ihr etwas Höheres, ja Heiliges zu sein. Zurück im Atelier begann die Künstlerin mit Silikonschläuchen zu experimentieren und zu weben. Indem sie die Wollschüsse gegen Schläuche tauschte, gelangte sie zu einem völlig neuen Ausdruckmittel. Die Technik blieb, aber das Material war neu.
Schon immer hatte sie das Fliessen interessiert: Adern, Wurzeln, Mäander, Gewässer. Um die Silikonschläuche mit dem Geheimnis des Lebens aufzuladen, spritzte Monika Fioreschy Tierblut hinein. Auch andere Künstler ihrer Zeit, wie z. B. Hermann Nitsch, verwendeten Blut in ihrer Arbeit – dies um das Publikum zu schockieren. Das war nicht Monika Fioreschys Intention; sie wollte Energieströme zeigen, lebenserhaltende Rhythmen und Bewegungen. Um vom Blut wegzukommen, machte sie sich auf die Suche nach einem anderen Lebenselixier. Sie presste Pflanzen, Blüten, Kakteen, gewann deren Lebenssaft und spritzte nun diesen in die Schläuche und Bilder. Die Werkguppe mit den gefüllten Schläuchen nennt sie «Transfusionsbilder». Andere Werkkreise entstanden, z.B. die «Sil-Ikonen». Die Künstlerin verwebt Silikonschläuche rhythmisch nach Intuition, und bemalt danach die Bildoberflächen mit Farbe. So wird die Struktur sichtbarer, das Bild vielleicht gar zum Relief.
Manchmal zerschneidet Monika Fioreschy alte Ölbilder und stellt damit Collagen her («Oil Cuts»). Auch hier bleibt sie bei einer weberischen Ausdrucksform: Wie am Webstuhl Schuss auf Schuss, reiht sie Streifen an Streifen und baut damit einen rhythmischen Klang auf. Auf anderen Gemälden queren lange Fäden wie geometrische Linien den Bildgrund. Die Künstlerin experimentiert auch mit Schläuchen und Fäden, die das Bild verlassen und sich in den Raum ergiessen. Sie sagt: «Es hört nie auf.», und: «Ich bin eine ewig Suchende».
Der prächtige Bildband bringt die Kunst Monika Fioreschys nahe und ordnet diese in die Kunstlandschaft der Gegenwart ein. Grossformatige Fotos führen an die Bildteppiche heran und lassen uns die Sinnlichkeit der Materialien und Farben erleben. Der einfühlsame Text von Uta M. Reindl, angereichert mit vielen Zitaten der Künstlerin und Atelieransichten, machen die Person Monika Fioreschy lebendig. Man meint, sich physisch im Atelier umschauen zu dürfen. Die Kapitel führen von den «Gobelins» über «Blut-» «Chlorophyll-» und «Farb-Transfusionen» zu den «Sil-Ikonen», «Hybridarbeiten», «Oil Cuts» und «Nagel und Faden»-Arbeiten. Die grafische Grundfarbe im Buch ist rot – der Saft der Lebenskraft.
Text: Christine Läubli
Bilder: Hirmer Verlag
Buchbestellung: FIELDS OF FLOW
Webseite der Künstlerin: Monika Fioreschy
Ausstellung im Museum Moderner Kunst Wörlen, Passau, bis 14. April 2024
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