
Anlässlich der stäfART laden Kunstschaffenden aus Stäfa und Uerikon vom 1. bis zum 3. November 2024 zum 10. Mal in ihre Ateliers und andere Ausstellungsorte ein. Eine der Ausstellenden ist Katja Bächtold. Sie beschäftigte sich über längere Zeit mit einem besonderen textilkünstlerischen Projekt. In diesem Blog erzählt sie davon.

Meine textilen Bilder für die stäfART 24 sind auf einem kleinen Webstuhl im Atelier zur Birke von Karin Hirschbühl entstanden.
Es war ein Abend im Mai 2023, als ich den Webstuhl zum ersten Mal sah. Die rohleinene Kette mit teils gerissenen Fäden hat mich magisch angezogen. Die Zeit hat ihre Spuren darauf hinterlassen, ein Bild gemalt. Der Webstuhl gehörte Elisabeth Gerber (*1931), Karins Nachbarin. Als sie von einem Tag auf den anderen ins Altersheim umziehen musste, rettete Karin den Webstuhl vor der Schuttmulde. Nachdem ich ihn gesehen hatte, liess er mich nicht mehr los. Ich wollte mehr über Elisabeth, ihr angefangenes Gewebe und die Geschichten dazu erfahren. Daraus ergab sich der Gast-Arbeitsplatz im Atelier zur Birke und gleichzeitig der Beginn eines Dialogs zwischen Karin und mir.
Mich interessieren die Geschichten hinter den Geschichten. Die tieferen Schichten. Dinge, die erst auf den zweiten Blick erkennbar werden. Die Geschichten und Erinnerungsfragmente aus dem Leben der über 90-jährigen Elisabeth haben mich tief berührt. In meinen Werken geht es um die Fragilität von Erinnerungen und um Vergänglichkeit.

Langsam
äusserst behutsam
hebe und führe ich das schiffchen
durch die alten brüchigen fäden
ich nehme elisabeth’s faden auf
zwischen unseren webschuss-bändern
eine zeichnung, die die zeit gemalt hat
unsere gewebeteile - ihres und meines -
umrahmen die zeit
meine hände umschliessen das schiffchen
mit dem alten leinenfaden
den elisabeth einst vor mehr als 30 jahren
für ihr gewebe gespult hat

Erinnerungsringe
wie schillernde Seifenblasen
fragil und vergänglich
Sternstunden
nennt Elisabeth
solche Momente

«Bring me a rose in the winter time /
when it’s hard to find /
bring me a rose in the winter time /
I’ve got roses on my mind…»
(englisches Lied – eigene Kindheitserinnerung)

for penelope
and her 12 maids
and all the forgotten women
and their stories
that no one ever told

RECORDAR: Del latín re-cordis,
volver a pasar por el corazón.
(Eduardo Galeano)
Das spanische Wort ERINNERN kommt aus dem Lateinischen und bedeutet dem Sinn nach: etwas wieder durch das Herz ziehen lassen.
Die textilen Bilder sind während der stäfART im Atelier unikat7 in Ürikon ausgestellt. Der kleine Webstuhl steht im Atelier zur Birke in Stäfa.
Ein «goldener Faden» verbindet die Arbeiten von Karin Hirschbühl und Katja Bächtold.
Texte: Katja Bächtold, Zusammenstellung Christine Läubli
Fotos: Roland Juker https://rolandjuker.ch
Informationen:
Atelier unikat7, Stationsstrasse 12, 8713 Uerikon
Freitag, 1. November 2024, 19-22 Uhr Vernissage
Samstag, 2. November offen von 13 bis 18 Uhr, 14.30 Uhr Buchpräsentation „Alle Fäden in der Hand“, mit Gerlind Martin, Regula Zähner und Laetitia Barblan
Sonntag, 3. November offen von 11 bis 18 Uhr
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